Erster Teil:
Strategien und Konzepte
der Judenmission
"Seltsames passiert hier, nicht leicht zu
verstehen. Dabei sieht zunächst alles ganz normal aus: Es ist Schabbat, man
trifft sich zum Gottesdienst. Die Türen... öffnen sich. Viele russische
Laute erklingen, "Schalom" ist aus allen Mündern zu hören. Die Frauen sind
deutlich geschminkt, die Männer tragen eine Kippa auf dem Hinterkopf -
jüdische Zuwanderer aus den früheren Staaten der Sowjetunion gehen ihren
religiösen Pflichten nach. Klar.
Doch dann wird deutlich: Dies ist eine
Kirche. Ein Kruzifix an der Stirnwand des von der Sonne gewärmten Saales
wird mit einem Wandteppich verdeckt - auf ihm ist ein Jude mit einem
Gebetsschal zu erkennen, der in ein Widderhorn (Schofar) bläst. Zwei
israelische Flaggen werden aufgehängt, ein weiteres Kreuz am Predigerpult
durch die blauweiße Flagge Jerusalems verhüllt. Eine kleine Band mit
Blockflöten und drei Sängern probt Lieder, die nach Kirchentagshits klingen.
Und in einer Ecke üben junge Frauen in blauen Röcken Tänze, die an Folklore
erinnern.
Was ist das? Ein Treffen philosemitischer
Christen? Ein Gottesdienst durchgeknallter Juden? Feiern hier ... Christen
oder Juden? Genau das ist das Problem. Die hier versammelten Mitglieder des
"Beit Schomer Israel" (Haus des Behüters Israels) verstehen sich als beides.
Es sind "messianische Juden". Sie begreifen sich in der Regel als Juden, als
Nachkommen des auserwählten Volkes Abrahams und Jakobs, die jedoch Jesus von
Nazareth als den Messias anerkennen.
Das ist ein Widerspruch in sich. Denn etwas
verkürzt gilt: Entweder man ist Jude, dann glaubt man, dass der Messias noch
nicht gekommen ist - alles andere ist Häresie. Oder man ist Christ, weil man
daran glaubt, dass Jesus Christus der Messias ist. Das ist, obwohl beide
Weltreligionen den gleichen Gott anbeten, der Graben zwischen Judentum und
Christentum. Die "messianischen Juden" leben in diesem Graben, auch wenn
dies theologisch mehr als fragwürdig ist."
So beschreibt der Journalist Philipp Gessler
seine ersten Eindrücke. Was hier vorzufinden ist, ist nicht nur für ihn
verwirrend.
Messianische Gemeinden sind so konzipiert, daß
sie "jüdisch" wirken, doch im Hintergrund sind fundamentalistische Gruppen und
Kirchen, die traditionelle jüdische Symbole benutzen um Juden anzulocken und in
ihre Reihen zu ziehen. Sie zielen insbesondere auf jene, die am anfälligsten und
verwundbarsten sind.
Messianische "Rabbiner" (viele von ihnen wurden
am Moody Bible College der Baptisten ausgebildet und sind als Juden im Sinne der
Halacha, d.h. des jüdischen Religionsgesetzes geboren) setzen alles daran, das
jüdische Volk dazu zu bringen, Jesus als den Messias anzuerkennen.
Ihre Zielsetzung besteht darin, das Christentum zumindest für Juden schmackhaft
zu machen, die keine oder nur eine geringe jüdische Erziehung erhalten haben.
Wer sind diese Missionare?
Um die Dynamik, die hinter diesen Aktivitäten
steht, zu verstehen, ist es hilfreich, sich bewußtzumachen, wer diese Leute
sind, die sich auf Judenmission konzentrieren.
Exkurs:
Wir benutzen der Einfachheit halber - um deutlich zu machen, worauf diese
Aktivitäten ausgerichtet sind - die Worte "Judenmission" und "Missionar", obwohl
der politisch korrekte Sprachgebrauch in diesen Gruppen sich in den letzten
Jahren geändert hat - nicht zuletzt um Juden nicht abzuschrecken. Juden sollen
sich dem Judentum nicht entfremdet fühlen, sondern den Eindruck gewinnen, daß
sie dadurch, daß sie Jesus als Messias annehmen jüdischer werden als sie es
jemals vorher waren. Deshalb wird in den letzten Jahren zunehmend die
Terminologie "messianisches Zeugnis für Israel"
verwendet. Dies ermöglicht es auch den Judenmissionaren, sich entrüstet von
jeglicher Form der Judenmission zu distanzieren. Sie wollen doch Juden nicht zu
Christen machen, sondern ihnen dabei helfen zu besseren - sprich vollkommeneren
- Juden zu werden.
MISSVERSTÄNDNISSE UND FEHLWAHRNEHMUNGEN
Für die jüdische Gemeinschaft sind die Worte
"Missionar" oder "missionarisch" bzw. "evangelistisch" mit einer Fülle von
Mißverständnissen und Fehlwahrnehmungen beladen. Meist löst das Wort "Missionar"
die Assoziation an Leute aus, die an Straßenecken stehen und religiöse Schriften
verteilen, Gespräche anbieten und zu Veranstaltungen einladen, um Menschen zu
überreden an Jesus zu glauben.
Möglicherweise denken wir auch an Organisationen
mit Mitgliedsstrukturen, Mailinglisten, Gebäuden, bei denen wir genau sagen
können: Dort befindet sich die Zentrale der XY-Organisation oder das Zentrum der
YZ-Gruppe.
Dies ist nur eine der Fehlwahrnehmungen wie wir sie im Hinblick auf Missionare
und wie sie arbeiten haben.
Unser zweiter Fehler ist, daß wir dazu neigen die
christliche Welt als monolithische Gruppe zu sehen, die im wesentlichen alle ein
und dasselbe glauben. In Wirklichkeit ist das Christentum sehr komplex und mit
seinen mehreren hundert Konfessionen und Denominationen auch in seinen
theologischen Lehren zu grundsätzlichen Inhalten sehr unterschiedlich
Die römisch katholische Kirche ist die
größte christliche Kirche. Nach einer Geschichte, die grausamste Verfolgungen
und ungeheueres Leid über Juden brachte, sind die meisten Katholiken heute nicht
mehr daran interessiert, Juden zu missionieren.
Ein anderer wichtiger Teil der Christenheit sind
die protestantischen Kirchen. Für unseren Zweck reicht es, wenn wir uns
deutlich machen, daß es in dieser Gruppe zwei große Lager gibt.
In Deutschland sind dies erstens die
evangelischen Landeskirchen (Lutheraner, Reformierte und Unionskirchen),
die in der EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) zusammengeschlossen sind
und zweitens die Freikirchen. Die größte Freikirche in Deutschland sind
die Baptisten oder auch "evangelisch freikirchliche Gemeinden" genannt mit etwa
100 000 Mitgliedern.
Die liberalen Protestanten in den Landeskirchen
sowie auch die Methodisten und Unitarier sind nicht an der Judenmission
interessiert. Einige Landeskirchen haben Synodenerklärungen verabschiedet, in
denen sie sich ausdrücklich von jeglicher Form der Judenmission distanzieren,
andere beließen es bei
halbherzigen Statements. Eine Minderheit fundamentalistischer
"wiedergeborener Christen" innerhalb der Landeskirchen befürwortet die
Judenmission. Wenn diese Gruppen oder freien Werke innerhalb der Landeskirche
"Israelgebetskreise", in denen für die Errettung der Juden gebetet wird, starten
oder Räume an freikirchliche Gruppen für judenmissionarische Aktivitäten zur
Verfügung stellen, so schreiten die Landeskirchen hier nicht oder nur höchst
selten ein, denn diese Klientel gehört zu den treuesten und beständigsten in den
Gemeinden vor Ort.
Der größte Teil judenmissionarischer Aktivitäten
wird gefördert und unterstützt von fundamentalistischen Gruppen aus dem
evangelikalen und charismatischen Spektrum:
-
der Freikirchen (Baptisten, Assemblies of
God. Freie Christengemeinschaft, Heilsarmee...)
-
der evangelischen Landeskirchen (evangelische
Allianz) sowie
-
freie Werke innerhalb der evangelischen
Landeskirchen (Bund für entschiedenes Christentum, CVJM, Liebenzeller
Mission, Stadtmissionen) und
-
Gruppen außerhalb der Kirchen, die
eingetragene Vereine gegründet haben (EDI = Evangeliumsdienst für Israel,
Ebenezer Hilfsfonds, Exobus, Internationale christliche Botschaft,
Christliche Freunde Israels, diverse Jesuszentren...)
Kurz gesagt, es handelt sich um
fundamentalistische "wiedergeborene Christen", deren Ziel es ist, daß
jeder
Jude zum Glauben an Jesus kommt.
Viel Geld fließt und die Logistik gedeiht
Sie haben dafür eine weitreichende Logistik
entwickelt und nutzen auch die modernen Kommunikationstechnologien. Innerhalb
des letzten Jahres (von Juni 2000 bis Juni 2001) hat sich die Zahl der
deutschsprachigen messianischen Internetseiten - meist betrieben von
fundamentalistischen christlichen Gruppen - mindestens verdreifacht. Meist geben
sie vor, über Israel aus jüdischer Sicht informieren zu wollen. Sie arbeiten mit
zahlreichen jüdischen Symbolen (Davidstern, die Menorah (siebenarmiger
Leuchter), den Tallit (Gebetsschal), das Schofar (Widderhorn) und erklären die
jüdischen Feiertage unter christologischem Aspekt (siehe unten) und verwenden
Wörter, die in ihren Kreisen ansonsten nicht üblich sind (Tora statt "Altes
Testament").
Durch den massiven Aufkauf stichwortrelevanter
Internetadressen versuchen sie Leser von den etablierten jüdischen Websites
abzuziehen und für sich zu gewinnen. Die meisten dieser "messianischen Seiten"
sind verlinkt mit national-religiösen Seiten und Radiostationen in Israel (Aruz
Schewa), sie unterstützen die Siedlungsbewegung und verurteilen die israelische
Friedensbewegung an. Deutschsprachige jüdische Onlinedienste sind oftmals Ziel
massiver Angriffe - insbesondere jene die den Friedensprozess explizit
unterstützen.
GRUNDREGELN
Es gibt zwei Grundregeln, die man im Hinblick auf
Judenmissionare im Hinterkopf behalten muß:
-
Der Christ, der den Initialkontakt mit einem
Juden knüpt ist in den allermeisten Fällen kein professioneller Missionar,
der von irgend jemand dafür bezahlt wird. Meist ist es ein "Laie", ein
Kollege, eine Zimmergenossin im Studentenwohnheim oder jemand vom
Sportverein oder jemand, der sich regelmäßig im Umfeld von jüdischen
Aktivitäten aufhält oder Heime besucht, in denen russische Juden
untergebracht sind.
-
Erst nachdem diese Person den Kontakt
aufgebaut hat, wird ein professioneller Missionar hinzugezogen, der dann den
eigentlichen Konversionsprozeß initiiert und vorantreibt.
Der Laie, der den wichtigen Erstkontakt schließt, ist meist ein
"wiedergeborener Christ". Erst danach treten "messiansche" Juden - also
Leute, die als Juden geboren sind - in deren Fußstapfen.
Missionsgesellschaften wie "Jews for Jesus"
(Juden für Jesus) oder Chosen People Ministries sind im Wesentlichen
Zuliefererbetriebe für die evangelikalen und charismatischen Freikirchen.
Im Gegenzug stellen die jüdischen Missionare und Missionsgesellschaften einen
Teil ihrer Ressourcen und ihres Personals zur Verfügung, um in den Freikirchen
oder freien Werken innerhalb der Landeskirchen Veranstaltungen (Vorträge,
Seminare, Konzerte) abzuhalten, z.B. über Israel oder ihre Sicht jüdischer Feste
- oft unter dem Tenor "die jüdischen Wurzeln des Christentums". Diese dienen
sowohl der Information als auch der Rekrutierung neuer Laienmitarbeiter.
Von Fall zu Fall gibt es dann Kooperationen, wie z.B. Seminare, in denen die
Laienmitarbeiter für ihre Missionstätigkeit vorbereitet werden sowie christliche
Pessach-Seder, Chanukka-Feiern oder Laubhüttenfeste - gelegentlich mit
Kulturfestivals verknüpft.
WARUM DIE JUDEN?
Unvermeidlich taucht die Frage auf, warum es
diesen Gruppen so wichtig ist, ihre Aktivitäten auf die Bekehrung von Juden zu
richten - gibt es doch in diesem Land genug säkulare Menschen, Ex-Christen oder
Angehörige anderer Religionen. Warum ist die verhältnismäßig kleine Gruppe der
Juden ein so begehrtes Missionsobjekt?
Hier sind einige Gründe:
Jesus sagt: "Geht
nicht zu den Heiden und zu den Samaritanern, sondern geht hin zu den
verlorenen Schafen aus dem Haus Israel" (Matthäusevangelium Kapitel 10,5-6)
- Die Priorität des Neuen Testaments liegt also
auf der Bekehrung von Juden. Der Apostel Paulus nimmt dies im ersten Kapitel des
Römerbriefes Vers 16 auf, wenn er erklärt:
"die Juden zuerst und dann die Griechen"
(gemeint sind nach christlichem Verständnis mit
den "Griechen" die "Heiden" im Allgemeinen). Im Neuen Testament findet sich
immer wieder die Betonung - besonders in den Evangelien - daß die Juden zuerst
erreicht werden sollten.
- ein zweiter Grund liegt in der Faszination, die
gerade die Lehre von der Eschatologie auf fundamentalistische Christen ausübt.
Eschatologie
bedeutet die Lehre vom Ende der Zeiten. Evangelikale und charismatische Christen
beschäftigen sich sehr viel mit den prophetischen Aussagen und mit der
Fragestellung, wann der Messias kommen - in ihrem Verständnis wiederkommen
- wird:
Wie wird sich das abspielen?
Was wird vorher passieren?
Welche Nationen meint der Prophet Jecheskel, wenn er in den Kapiteln 38 und 39
davon spricht, daß die Nationen gegen Jerusalem aufstehen werden vor es
schließlich zur entscheidenden Stunde kommt, die zum messianischen Zeitalter
führt.
Christliche Buchläden haben ganze Regalmeter, die sich mit "Endzeit",
"Apokalypse" und "Wiederkunft Jesu" beschäftigen, im Sortiment.
Was aber haben diese apokalyptischen
Spekulationen mit unserem Thema zu tun?
Am Ende des Matthäusevangeliums (Kapitel 23,39)
wird Jesus mit einer wichtigen Aussage zitiert:
"Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von
jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des
Herrn".
Da Jesus zu einer jüdischen Zuhörerschaft sprach
als er diese Aussage machte, haben Christen diese Aussage so verstanden, dass
Jesus nicht zum zweiten Mal kommen wird bevor sich die Juden bekehrt haben. Bei
einer messianischen Chanukka-Feier in einer freikirchlichen Gemeinde hieß es in
der Ansprache:
"Wir brauchen die Juden für unsere Erlösung"
Fundamentalistische Christen gehen auch davon
aus, daß Jesus etwa 2000 Jahre nach seiner Geburt zum zweiten Mal kommen wird.
Deshalb müssen Juden in großer Zahl bekehrt werden, weil sonst die Wiederkunft
nicht stattfinden kann.
Der bedeutendste Grund in der Beschäftigung mit
den Juden liegt jedoch im Glaubwürdigkeitsproblem, das die Existenz der Juden
für das Christentum darstellt.
Der Messias und seine
Bedeutung im Christentum
Jesus war Jude, und Christen gehen davon aus, daß
er der verheißene Messias ist, von dem die Propheten gesprochen haben. Die Idee
des Messias - der am Ende der Tage kommen wird um eine Gesellschaft des
Friedens, der Liebe und des Wissens um Gott zu errichten - ist jüdisch.
Fundamentalistische Christen bestehen darauf, daß Juden wenn sie nur in ihre
eigenen Schriften schauen würden und sich darin auskennen würden, Jesus aus
jeder Seite entgegen springen würde. Deshalb müssten Juden nach ihrem
Verständnis eigentlich die ersten sein, die Jesus als Messias annehmen und an
ihn glauben, wenn er der verheißene Messias ist. Jedoch waren die Juden
diejenigen, die Jesus nicht als Messias akzeptierten.
Dies war eine verstörende und verwirrende
Angelegenheit für die christliche Kirche seit ihren Anfängen. Deshalb bezog die
christliche Kirche einen wesentlichen Teil ihrer Glaubwürdigkeit daraus, ob und
in welchem Ausmaß sich Juden bekehren. Dies ist für sie also viel mehr wert als
wenn sich säkulare Menschen oder Gläubige anderer Religionen dem Christentum
zuwenden.
Wenn wir uns aber anschauen, wie die Geschichte
gelaufen ist, dürfte es kaum ein anderes "Programm" geben, das ein so
weitreichender Fehlschlag für die Kirche war wie die fortwährenden Anstrengungen
Juden zum Christentum zu bekehren.
Trotz der schwierigen Bedingungen, die Juden im
Exil hatten und den zahlreichen Verfolgungen, denen sie durch Christen
ausgesetzt waren, hat sich - insgesamt gesehen - nur eine relativ geringe Zahl
bekehrt. Mit dem Ende des zweiten Jahrtausends nach der Geburt von Jesus sind
evangelikale Christen nun mit einem - aus ihrer Sicht - ernsthaften Dilemma
konfrontiert: Wie können sie das jüdische Volk dazu bringen, Jesus zu
akzeptieren?
Diese Quadratur des Kreises ist keine kleine
theologische Herausforderung. Als das Jahr 2000 in Sichtweite war, haben sich
die Bemühungen um die Judenmission in Form von Konferenzen und Erklärungen
verstärkt. Die ersten beiden Konferenzen fanden bereits in den 70iger Jahren in
der Schweiz und in Thailand statt.
Das PUBLIC RELATIONS PROBLEM
Das erste Problem, das sie entdeckten, war, daß
die Kirche ein schwerwiegendes Kommunikationsproblem hat: Bedingt durch ihre
historischen Erfahrungen neigen Juden dazu, alles was mit Christentum und
christlicher Kirche zu tun hat, mit Verfolgung und Diskriminierung
gleichzusetzen. Juden fühlen sich oft äußerst unwohl, wenn sie Worte hören wie
"Jesus Christus", wenn sie Kreuze oder christliche Abbildungen sowie Ikonen
sehen. Das ruft keine Gefühle der Zuneigung in ihnen hervor.
Dieses Kommunikationsproblem vor Augen
entwickelten diese Evangelisten einen einmaligen Zugang, dessen Grundmuster
folgendermaßen ist:
"Du bis Jude? Wir Christen lieben das
jüdische Volk. Verfolgung? Nein! Jeder Christ, der einen Juden im Namen von
Jesus verfolgt hat, kann kein wirklicher Christ sein. Ein wahrer Christ
liebt das jüdische Volk!"
Diese neue Strategie ermöglicht es Christen, in
aller Freiheit zu missionieren und sich gleichzeitig von ihren christlichen
Vorgängern zu distanzieren. Auf diese Art und Weise sollen sich jüdische
Konvertiten dem Christentum nicht entfremdet fühlen.
Aber Juden würden sich nicht einfach deshalb in
Massen zum Christentum bekehrten, weil Evangelikale den Antisemitismus
verurteilen. Den Evangelikalen wurde bewußt, daß das Überschütten von Liebe an
sich noch nicht effektiv genug ist. Sie verstanden, dass der wesentliche Grund,
warum Juden sich nicht bekehren darin liegt, dass Juden nicht aufhören wollen
jüdisch zu sein und Christentum sich zum Judentum antithetisch verhält.
ALSO MUSS DIESES ANTITHESE
AUFGEHOBEN WERDEN
Diese Wahrnehmung führte dazu, daß die Missionare
einen ganz neuen und bemerkenswert einfachen Zugang entwickelten Juden zu
evangelisieren. Das Grundmuster ist folgendes:
"Wenn du an Jesus glaubst, dann
konvertierst du nicht zu einer anderen Religion. Im Gegenteil: Du wirst ein
"erfüllter Jude" - ein "vollkommener Jude". Vor allem: Jesus war ein Jude.
Seine Freunde und Jünger waren Juden, deshalb ist der Glaube an Jesus das
jüdischste was du überhaupt tun kannst. Ohne Jesus bist du ein unerfüllter -
also ein unvollkommener Jude".
"Messiansiche "Synagogen" halten keine
christlichen Feiertage ein. Man wird dort keinen Adventskranz und keinen
Weihnachtsbaum finden. Stattdessen begehen diese Gemeinden jüdische Feiertage
mit einer "christologischen" Deutung. Überall auf der Welt gibt es
beispielsweise sehr gut ausgearbeitete Vorlagen für messianische Pessach Seder.
Auf den ersten Blick sieht ein messianischer
Seder-Tisch aus wie ein traditioneller. So enthält der Sederteller alle Zutaten
wie sie auf einem traditionellen Sederteller üblich sind.
Neu ist jedoch, daß den Teilnehmern zu Beginn des
Rituals gesagt wird, daß der Wein das Blut von Jeschua / Jesus repräsentiert und
die Mazzen seinen Körper. Der wahre Grund, warum es drei Mazzen gäbe, sei der,
daß diese die Trinität symbolisieren (Vater, Sohn und Heiliger Geist). Die
Mazzen haben Löcher, weil Jeschua / Jesus durchbohrt worden sei als er am Kreuz
hing. Warum haben die Mazzen Streifen? Weil Jesus als er geschlagen und
gefoltert wurde auf seinem Rücken Striemen hatte. Warum sind die Mazzen von
einem weißen Tuch bedeckt? Weil Jesus als er begraben wurde in weiße Tücher
eingehüllt wurde. Warum wird die mittlere Mazze gebrochen? Weil Jesus am Kreuz
gebrochen wurde ...
Messianische Gemeinden werden in den "gelben
Seiten" oder Gottesdienstanzeigern der Tagespresse niemals unter "Kirchen"
geführt. Außerdem hat die messianische Bewegung ein bemerkenswertes Werkzeug für
die Evangelisation von Juden entwickelt. Es handelt sich um einen Flyer, der in
Kurzfassung darüber Auskunft gibt, was zu tun oder zu lassen ist, wenn man mit
Juden ins Gespräch einsteigt um den potentiellen jüdischen Konvertiten nicht
abzuschrecken oder zu verprellen:
"Sag nicht Jesus Christus - sag Jeschua
Sag nicht Konvertit - sprich von "messianischen, vollkommenen, erfüllten
Juden"
Sag Gemeinde und nicht Kirche
Sag Gläubiger und nicht Christ..."
Die wesentlichen Bemühungen der Judenmissionare
laufen darauf hinaus, die Unterschiede zwischen Judentum und Christentum zu
verwischen um so Juden zu ködern, die ansonsten der christlichen Botschaft
widerstehen würden. Zum Schrecken der jüdischen Gemeinschaft muss gesagt werden,
dass diese Strategie einen bemerkenswerten Erfolg hat unter den verwundbarsten
Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft, nämlich den sehr jungen, den alten sowie
den russischen Juden.
Warum gerade diese Gruppen besonders anfällig
sind, wird in der nächsten Folge erklärt!
MiJu
Dank an Rabbi Tovia Singer
für einige hilfreiche Hinweise
zum Weiterlesen:
FORUM / LESERBRIEFE:
Die Offensive der Missionare
haGalil onLine - 27-06-2001 |